Freitag, 29. November 2013

Fotografieren mit Cinefilm VI - oder: Der Weg ist das Ziel

Hallo zusammen! Kaum drei Tage her, kommt auch schon der nächste Artikel.

Ich habe es nämlich jetzt geschafft, alle Negative zu scannen und mir dabei auch etwas mehr Mühe zu geben. 31 Bilder sind es geworden, inklusive der fünf aus dem letzten Artikel. Die habe ich auch nochmal eingescannt und mit etwas gutem Willen kann man deren Qualität jetz auch als besser bezeichnen. Um den ganzen Blog hier nicht mit unendlich vielen Bildern zuzustellen, habe ich alles in ein flickr-Album gepackt. Da auch ein paar Fotos von Personen dabei waren, habe ich nicht alle veröffentlicht.

Ich habe dort jedes Negativ zweimal hochgeladen. Einmal so, wie es aus dem Scanner kam und einmal in bearbeiteter Form (Weißabgleich, Kontrast etc.), bikubisch schärfer verkleinert auf 1280 Pixel auf der langen Seite. Nichts gemacht hab ich hinsichtlich Staub und Kratzern.

Bei den Scaneinstellungen habe ich diesmal die Histogrammanpassung verwendet, so dass keine Bereiche mehr absaufen oder ausbrennen. Ich habe dazu mal einen Screenshot gemacht:

Histogrammanpassung in Epson Scan

Das ist relativ praktisch bei diesem Programm: Ich kann für jedes der einzelnen Negative im Voraus alle Einstellungen treffen und dann alle auf einen Rutsch scannen. In der Histogrammanpassung habe ich den mittleren Regler (rel. Gamma?) jeweils weit an den Schwarz- bzw. Weißregler verschoben, da man so sehr gut erkennen kann, welche Bereiche abgesoffen bzw. ausgebrannt sind. Das ist auf dem Screenshot oben deutlich zu sehen. Im Endeffekt läuft es darauf hinaus, Schwarz- und Weißregler so an den beiden Ecken des Histogramms zu platzieren, dass alles erfasst und nichts abgeschnitten wird. Dann verschiebe ich den mittleren Regler meistens noch irgendwo ins linke Drittel der Kurve und scanne das Bild so. Es ist dann ziemlich flau, im Photoshop kann man jedoch noch alles rausholen.

A propos Photoshop: Dort habe ich mir eine "Action" aufgenommen, die mir die immer gleichen Arbeiten wie Kontrastanpassung, Weißabgleich und Sättigung abnimmt. Zudem habe ich dadurch gewährleistet, dass jedes unter der gleichen Lichtsituation aufgenommene Bild auch exakt gleich rauskommt. So habe ich jedes Bild insgesamt viermal gespeichert, und zwar in allen Kombinationen aus bearbeitet/unbearbeitet und TIFF/verkleinertes JPEG.

Wer mag, kann sich mein flickr-Album gerne mal anschauen und natürlich auch Kommentare dazu ablassen.

Auf vielen Bildern sieht mal leider recht deutliche Schlieren bzw. auch Konturen von Perforationslöchern. Ich befürchte, da ist bei der Entwicklung hinsichtlich der Rem-Jet-Beschichtung tatsächlich etwas schief gelaufen. Vielleicht habe ich ja Glück und das lässt sich mit einer ausgiebigen, nachträglichen Wässerung noch beheben. Ich werde das mal versuchen und die Welt an meinen Erkenntnissen hier selbstverständlich wieder teilhaben lassen.

Bis dahin - wenn Fragen sind, immer fragen!

Dienstag, 26. November 2013

Fotografieren mit Cinefilm V - oder: What a Colorful World

Ja, liebe Leser, es ist vollbracht. Ich habe meine erste C-41-Entwicklung erfolgreich absolviert!

Verwendet habe ich das C-41-Digibase-Kit von Rollei. Für Interessierte gibt's hier bei maco die Verarbeitungsanleitung. Bestellt hatte ich das Mini-Kit für 500ml Arbeitslösung, das nach Herstellerangaben je nach Empfindlichkeit für 10 - 12 Filme mit 36 Aufnahmen reichen soll.

Mit der ganzen Rem-Jet-Problematik hatte ich wie im letzten Artikel bereits erwähnt zunächst vor, einen ganz normalen Farbnegativfilm zu entwickeln, der tatsächlich für C41 gebaut ist. In einem kurzen Anflug geistiger Umnachtung hatte ich allerdings schon meine beiden Filmspiralen in die AP-Entwicklungsdose geladen: Eine wie geplant mit "normalem" Film und die andere mit einem 36er-Streifen Vision2, den ich relativ schnell zu Hause und in Ilmenau, wo ich studiere, vollgeknipst hatte; belichtet auf 500 ASA und ohne Konversionsfilter.

Dem geneigten Leser fällt wahrscheinlich auf: Zwei Filme in einer Entwicklungsdose und nur 500ml Arbeitslösung? Das langt doch nicht!

Zum Glück fiel mir das auch noch rechtzeitig auf. Glücklicherweise fand sich eine ziemlich lichtdichte, schwarze Plastiktüte. In diese konnte ich eine Filmspirale aus der Entwicklungsdose packen und in der Eckbank in der Küche verschwinden lassen. Und da ich mir nicht gemerkt hatte, auf welcher Spirale welcher Film aufgewickelt war, war ab diesem Moment die große Frage: Welchen Film entwickle ich jetzt eigentlich gleich?

Egal. Irgendwas würde schon dabei rauskommen, dachte ich mir.

Die Entwicklung bei 38°C ist ja als Standard empfohlen. Allerdings habe ich mich bei den relativ kurzen Zeiten etwas unwohl gefühlt. Daher habe ich mich für die Variante mit 25°C entschieden. Mit allem Pipapo ist man dann zwar mit einer gute halbe Stunde dabei, aber dafür sind zeitliche Abweichungen im Prozess nicht ganz so tragisch. In der oben schon verlinkten Anleitung sind sogar die Zeiten für eine Entwicklung bei 20°C aufgeführt, allerdings dauert dann alleine diese schon 21 Minuten. Nicht angegeben sind dort übrigens Zwischenwässerungen zwischen den Chemiebädern. Hier im aphog-Forum hat Hartmuth Schröder jedoch eine wirklich gut geschriebene Anleitung mit den einzelnen Verarbeitungsschritten verfasst. Trotzdem folgt jetzt nochmal eine Zusammenfassung, wie ich alles gemacht habe.

Zunächst habe ich am Vorabend der Entwicklung Bleich- und Fixierbad angesetzt. Das ist relativ einfach und geht genau wie in der Anleitung. Für 500ml Bleichbad müssen 360ml Wasser auf 35 - 40°C temperiert werden und schließlich die 140ml Bleichbad-Konzentrat hinzugefügt werden. Das ganze kam dann in eine 1-Liter-Plastikflasche, wie ich sie für meine Fotochemie oft benutze (sieht ungefähr so aus, nur ohne Etikett) und die wurde schließlich noch beschriftet. Leider habe ich keine 0,5-Liter-Flaschen. In diesen wäre die Haltbarkeit der Arbeitslösung sicher besser, da es ja immer heißt, dass der Luftsauerstoff die Lösungen schneller unbrauchbar werden lässt.

Ähnlich bin ich mit dem Fixierer verfahren. 400ml auf 32 - 40°C temperieren, die 100ml Fixiererkonzentrat dazu und in eine Laborflasche füllen und diese dann beschriften.

Bevor es dann an die Entwicklung ging, habe ich noch den Farbentwickler aus Wasser und den drei Konzentraten A, B und C zusammengemischt. Dazu werden 345ml Wasser mit 49°C benötigt. Dort kommen dann von den drei Konzentraten jeweils 50ml hinein, sowie 5ml vom Starter. Und zum Schluss natürlich alles wieder in eine beschriftete Laborflasche. Komisch beim Anmischen fand ich, dass von Teil A und Teil B jeweils genau 50ml Konzentrag in der betreffenden Flasche waren. Auf der Flasche von Teil C stand als Füllmenge "50ml + 15ml". Daher habe ich sicherheitshalber die benötigten 50ml Konzentrag für jeden Teil mit einer der dem Kit beigelegten Spritzen entnommen. Teil A und B lagen meines Erachtens mit ca. 48ml Füllmenge noch im akzeptablen Bereich (vielleicht bin ich auch zu blöd, die Skala auf einer Spritze abzulesen..). In der Flasche von Teil C war nach Entnahme der 50ml auch tatsächlich noch ein kleiner Schluck drin. Liebe Rollei-Digibase-Leute, falls ihr das lest: Warum ist das so? Ich kann mir keinen Reim darauf machen. Aber natürlich ist mir das eindeutig lieber, als wenn zu wenig drin wäre.

Im Anschluss habe ich im Spülbecken die Chemie auf ca. 26 - 27°C gebracht und in mehreren Messbechern Wasser für die Zwischenwässerungen temperiert und bereit gestellt. Übrigens hatte ich mich gegen die Verwendung des Stabilisator-Bades und stattdessen für eine Schlusswässerung entschieden. Mein Rezept sah also laut Anleitung und dem Text von Herrn Schröder im aphog-Forum folgendermaßen aus:
  1. 2,5min vorwässern
  2. 13min entwickeln
  3. 2min zwischenwässern
  4. 2min zwischenwässern
  5. 6min bleichen
  6. 2min zwischenwässern
  7. 7min fixieren
  8.  Schlusswässern
    1. 4x kippen
    2. 8x kippen
    3. 16x kippen
    4. 32x kippen
Alle Bäder waren vor dem Hineinkippen in die Entwicklungsdose bei ca. 26 - 27°C, um in meiner Vorstellung im Mittel bei 25°C zu liegen, bis ich sie wieder auskippe. A propos Kippen: Die Dose habe ich immer nach Anleitung alle 30s einmal gekippt. Das entspricht nicht meinem gewohnten Kipprhythmus für die Schwarzweiß-Entwicklung, aber man ist ja flexibel. Die AP-Entwicklungsdose fordert für einen 135er-Film eine Mindestmenge von 375ml Arbeitslösung. Zur Sicherheit (und weil's viel besser abzumessen ist) habe ich mich allerdings für 400ml Entwicklerlösung entschieden. Beim Bleich- und beim Fixierbad kam mir allerdings die Idee, dass ich gleich die ganzen 500ml in die Dose füllen könnte. Das habe ich dann auch gemacht, denn schließlich wird die gebrauchte Teillösung beim Zurückkippen in den Vorratsbehälter sowieso wieder mit der frischen Lösung vermischt. Da spart man sich das Abmessen.

Bestimmt ist die Frage aufgetaucht, warum ich nach dem Entwickler zweimal jeweils eine Minute zwischengewässert habe. Die Antwort folgt auf dem Fuß: Beim Ausgießen des ersten Zwischenwässerungswassers (schönes Wort) kam eine richtig graue Brühe aus der Dose gelaufen. Das war der Moment, in dem mir dann auch klar war, dass da wohl der Vision2 gerade malträtiert wird und sich hier soeben die Rem-Jet-Beschichtung verabschiedet. Da das Wasser wirklich ganz schön grau war, habe ich mich entschieden, noch eine weitere Zwischenwässerung durchzuführen. Danach kam dann auch wesentlich klareres Wasser raus. Der Entwickler hingegen sah gar nicht groß mitgenommen bzw. grau aus. Gut, ich habe auch keinen Vergleich, wie er bei normalem Farbnegativfilm aussehen müsste. Man darf gespannt sein, ob das negative Auswirkungen auf die Entwicklung des eingetütet bereit liegenden, "regulären" Films haben wird.

Nach den gefühlt ewig dauernden Schlusswässerungen war der Puls dann auch endlich erhöht und ich konnte die Dose öffnen, um den Film zu begutachten. Der erste Anblick: Eine ganz schön schmutzige Filmspirale. Das mussten wohl Reste von Rem-Jet sein.


Die Filmspirale von oben...

... und von der Seite/innen

Zunächst habe ich das Teil im Ganzen nochmal unter fließendes Wasser gehalten, um mit dem Strahl vielleicht noch den einen oder anderen Dreck abspülen zu können. Der Erfolg hielt sich in Grenzen, sei angemerkt. Nachdem ich die Spirale also geöffnet hatte, bot sich mir folgendes Bild auf dem gesamten Film:


Gemeint ist zum Glück nicht, dass überall unbelichtete Aufnahmen wären.

Überall auf dem Streifen waren noch fleckige Reste vom Rem-Jet zu finden. Deshalb musste ich dem Film unter fließendem Wasser nochmal zuleibe rücken und die Beschichtung mit den Fingern abreiben. Zum Glück hat sie sich zumindest meiner ersten Untersuchung zufolge nicht auf der Emulsionsseite abgesetzt. Auf manchen der Negative konnte ich ein paar dunkle Stellen erkennen, bei denen ich leider nicht genau sagen kann, ob sie vom Motiv herrühren oder ob sich leider doch etwas Rem-Jet eingelagert hat.

Zunächst habe ich den Film dann zum Trocken aufgehängt und im Anschluss die Gerätschaften wieder gereinigt. Meine Filmspirale wurde leider nicht wieder ganz sauber. Weiß jemand, ob man die bedenkenlos in die Spülmaschine packen kann? Mit Spülmittel geht der Dreck leider nicht ab, aber damit habe ich die Rem-Jet-Beschichtung auch nicht von einem Stück unentwickeltem Film entfernen können. Vielleicht muss ich einfach nochmal auch hier mit der Seife aus dem Bad ran. Die scheint ja Wunder zu wirken.

So. Genug gelabert, jeder will Ergebnisse sehen. Gescannt habe ich am nächsten Tag einen Streifen, nachdem ich den gesamten Film zusammengeschnitten habe, um ihn in eine Archivierungshülle zu packen. Bitteschön:

Bild 1

Bild 2

Bild 3
Bild 3 nach Bearbeitung


Bild 4

Bild 5 (leicht bearbeitet)

Wer jetzt entsetzt ist, darf das auch ruhig sein. Die Bilder sind wirklich nur für einen ersten, ganz groben Überblick mit nicht wirklich guter Qualität gescannt. Also bitte die Körnung und den Staub etc. nicht ganz ernst nehmen. Davon abgesehen ist mein Scanner auch nicht wirklich der beste (Epson V500). Für die allererste Begutachtung tun's die Scans aber meines Erachtens.

Mein erster Eindruck (die Körnung außen vor gelassen) ist: Ich bin begeistert! Das ist für außen Stehende möglicherweise nicht wirklich nachvollziehbar, aber ich bin zufrieden, den ganzen Prozess so hinbekommen zu haben, dass am Ende auch wirklich farbige Bilder rausgekommen sind.

Jetzt mal zu den einzelnen Bildern:

Bild 1 und 2 sind auf einem Parkplatz in Ilmenau unter dem Licht einer Natriumdampflampe aufgenommen worden. Diese strahlen nahezu monochromatisches Licht mit einer Wellenlänge von 690nm aus. Umgerechnet auf die Farbtemperatur sind das etwa 4200K. Da der Vision2 500T für 3200K entwickelt wurde und ich dem Scanner einfach erstmal freie Hand bei der Farbbalance gelassen habe, kommt das weiße Auto auch tatsächlich relativ weiß raus. Das denkt man kaum, wenn man sich das knallorangene Licht anschaut, das diese Natriumdampflampen raushauen. Außer der Körnung und einem Staubfaden fallen besonders am linken Rand des Bildes aber leider noch helle Flecken auf. Meine Befürchtung ist, dass sich hier noch Rem-Jet festgesetzt hat. Schließlich ist der dunkel und kommt somit bei der Umkehrung heller raus. Mit etwas Glück habe ich nur nicht alles von der Filmrückseite erwischt. Mit etwas Pech hat sich der Dreck aber in die Emulsion eingelagert und ist ohne Schaden kaum mehr zu entfernen. Dann muss tatsächlich ein Bad vor dem eigentlichen Entwicklungsprozess her, das die Schicht gut entfernt. Im Dunklen in der Badewanne zu hantieren klingt auch wieder nicht sehr attraktiv. "Schau'n mer mal", sagt der Beckenbauer. Das Gras im zweiten Bild erscheint auch einigermaßen grün und kann mit ein bisschen Bildbearbeitung sicher auch dem Original nahe kommen. Man sieht meines Erachtens auch, dass die Empfindlichkeit von 500 ASA eigentlich ganz gut erreicht wird.

Bild 3 habe ich der Scannerautomatik eigentlich komplett überlassen. Als Vergleich habe ich das Bild ad-hoc mal so bearbeitet, wie ich die Szene in Erinnerung hatte. Man sieht, dass der Film bei Tageslicht wirklich viel zu kalt wirkt. Der 85er-Konversionsfilter wird also nicht umsonst empfohlen. Auf Grund des hohen Kontrastumfangs der Szene ist sowohl der Himmel ausgebrannt als auch das (sämtliches einfallendes Licht schluckende) Fell von unserem Kater Maxi abgesoffen. Und wie immer sieht man: Je dunkler eine Bildpartie ist, desto körniger erscheint sie.

Bild 4 ist nochmal komplett unbearbeitet so wie frisch aus der Scannerautomatik. Auch hier: Körnig, staubig, bläulich.

Bild 5 habe ich geringfügig bearbeitet. Den Graupunkt habe ich auf den Teppich im oberen rechten Bildeck gesetzt, da der Teppich auch wirklich einfach nur grau ist. Dadurch konnte ich den bläulichen Farbstich beseitigen. Anschließend habe ich noch die Sättigung erhöht, mehr nicht. Auch hier sieht man auf der Filmdose leider wieder helle Flecken, die vermutlich vom Rem-Jet kommen. Aber ansonsten finde ich das Ergebnis durchaus ansehnlich und relativ realistisch.

Am besten zu sehen ist bei Bild 5 und bei der bearbeiteten Version von Bild 3 leider auch ein Kratzer, der sich wohl anscheinend über den ganzen Film zieht. Aber was solls, beim ersten mal gelingt schließlich selten alles gleich perfekt.

Ich denke, mit etwas mehr Herzblut beim Scannen oder gar beim Print aus dem Minilab könnte da war wirklich Gutes rauskommen. Bei Gelegenheit werde ich auf jeden Fall noch ein paar Übersichtsscans von den restlichen geschnittenen Filmstreifen anfertigen und ggf. auch mal etwas mehr Arbeit in ein, zwei "bessere" Bilder stecken. Dann gibt's wieder einen Artikel hier. Bis dahin gilt wie immer: Wenn Fragen sind, immer fragen.

Mittwoch, 20. November 2013

Fotografieren mit Cinefilm IV - oder: Die Stunde der Wahrheit

Die erste Rolle Film hatte ich ja mit der Szenerie vollgeschossen, die ich im letzten Artikel beschrieben habe. Seitdem hat der Film ungeduldig darauf gewartet, entwickelt zu werden. Vergangenen Freitag habe ich dazu endlich Zeit gefunden.

Mein C41-Entwicklungskit ist in der Zwischenzeit natürlich schon angekommen, aber wie erwähnt hatte ich ja geplant, die erste Testrolle in Schwarzweiß-Chemie zu entwickeln. Deshalb habe ich mein vor ca. einem halben Jahr angesetztes XTOL aus dem Keller geholt, das noch prima funktioniert.

Zuerst hatte ich aber die Schwierigkeit, dass ich im Dunklen genau so viel Film von der belichteten Rolle abschneiden und für den Entwicklungstank aufspulen muss, dass möglichst genau die ersten fünf Bilder drauf sind (Belichtung 0, -1, -2, +1, +1). Nicht mehr und nicht weniger. Also zuerst geschätzt, wie lange das Stück ist, das ich rausziehen muss, damit die F4 mit ihren Walzen die Perforation greifen kann und von dort an 40 Löcher mit dem Finger abgegrabbelt. "Warum 40?" fragt sich jetzt vielleicht der Eine oder Andere. Ganz einfach: Jedes Negativ ist acht Perforationslöcher breit und ich hatte fünf Bilder abzuschneiden. Und fünf mal acht ergibt 40. Nachdem der Streifen abgeschnitten war, habe ich ihn in die Spule bugsiert und in die Entwicklungsdose verfrachtet. Ist irgendwie irritierend, wenn nur ungefähr eine gute Umdrehung notwendig ist, damit alles aufgespult ist. Aber gut, irgendwie war's ja schon klar. In der Dunkelheit habe ich dann noch die Rolle mit den restlichen Belichtungsreihen in eine schwarze, lichtdichte Filmdose gepackt und den Anfang aus dem Patronenmaul stehen lassen, um für den nächsten Test ganz praktisch weiterarbeiten zu können.

Im Anschluss ging es in der Küche weiter mit 400ml XTOL 1:1 bei 20°C. Vorgeschrieben sind laut AP-Entwicklungsdose zwar nur 375ml, aber sicher ist sicher. Außerdem sind 400ml auf Grund der Teilstriche am Messbecher auch viel prozesssicherer abzumessen. Von der Menge der Entwicklersubstanzen her hat sich das XTOL wahrscheinlich gelangweilt, weil ja nur sehr wenig Filmfläche am Start war. Dennoch darf die Füllmenge nicht unterschritten werden, damit zwischen den Kipps die Filmspule stets komplett im Entwickler steht. Ich habe mich entschieden, diesen ersten Filmstreifen zehn Minuten lang zu entwickeln. Zehn Minuten sind erstens kein besonders exotischer Wert, wenn man sich die XTOL-Zeiten für andere Filme anschaut und erschienen mir daher relativ vernünftig, da ich ja filmtechnisches Neuland betrete. Und zweitens sind zehn Minuten eine schön griffige Zeit. Allein deswegen habe ich nicht neuneinhalb oder zehndreiviertel Minuten gewählt, obwohl sich die Ergebnisse wahrscheinlich nicht extrem unterschieden hätten.

Der Prozess selbst lief schließlich folgendermaßen ab:
  1. Entwicklung 10min; die ersten 30s nach dem Eingießen Dauerkipp; anschließend alle 30s dreimal kippen.
  2. Zwischenwässerung 1min; Dauerkipp
  3. Erneute Zwischenwässerung 1min; Dauerkipp
  4. Fixieren 5min; die ersten 30s nach dem Eingießen Dauerkipp; anschließend alle 30s dreimal kippen
  5. Schlusswässerung:
    1. 4x kippen
    2. 8x kippen
    3. 16x kippen
    4. 32x kippen
Hier werden möglicherweise gleich zwei große Fragen aufgeworfen: Warum habe ich zweimal je eine Minute zwischengewässert und was ist überhaupt mit der rem-jet-Beschichtung?

Wie in meinem zweiten Artikel bereits beschrieben, scheint diese ja durch das Entwicklerbad zu verschwinden. Beim Entwickler selbst hatte ich leider nicht darauf geachtet, jedoch bilde ich mir ein, beim Ausgießen der ersten Zwischenwässerung eine leichte Graufärbung des Wassers entdeckt zu haben. Daher habe ich zur Sicherheit nochmal zwischengewässert, um vielleicht noch mehr rem-jet abspülen zu können. Schließlich soll das anschließende Fixierbad ja mehrfach verwendet werden und deshalb so wenig wie möglich verschmutzt werden.

Und dann kam der Moment der Wahrheit. Dose auf, alles nochmal kurz unter fließendem Wasser abspülen und dann die Negative betrachten. Auf den ersten Blick Beruhigung - es ist überhaupt etwas zu sehen. Auf den zweiten Blick waren da auch tatsächlich alle fünf Negative drauf, die ich gebraucht habe. Leider auch ein halbes sechstes, so dass mir beim nächsten Filmstreifen wohl leider auch nur ein halbes Negativ zur Verfügung stehen wird, um die Referenzbelichtung mit EV+-0 zu beurteilen. Außerdem hatte ich den Streifen wohl ein bisschen schief abgeschnitten, aber was soll's. Hier hab ich mal ein Foto eingebaut, damit sich der geneigte Leser unter all dem Geschriebenen auch was vorstellen kann:
Die Belichtungsreihe EV+-0, -1, -2, +1, +2 und ganz rechts das angeschnittene Negativ EV+-0 der nächsten Reihe




Wie man sieht, ist auf allen fünf Negativen zu meiner großen Freude gut die Szene zu erkennen. Ganz falsch scheine ich mit meiner ersten Schätzung von 10 Minuten Entwicklungszeit also gar nicht gelegen zu haben. Ich habe alle fünf Negative eigescannt (Epson V500, Software: Epson Scan) und versucht, mit wenig Aufwand so viel Durchzeichnung wie möglich aus jedem der Bilder herauszuholen. Eine kleine Bilderstrecke:


EV-2

EV-1

EV+-0

EV+1

EV+2

Wie man sieht, habe ich mir für diese erste Betrachtung nicht die Mühe gemacht, die Bilder zu entstauben. Tut ja auch nicht wirklich Not, um eine Beurteilung vorzunehmen, da ich mir die Fotos ja nicht an die Wand hängen will. Zu erkennen ist eindeutig, dass das um zwei Stufen überbelichtete Negativ am besten durchzeichnet ist. Unterm Schreibtisch wird die Maserung des Holzes sichtbar, während dennoch die hellste Stelle an der Wand nicht ausfrisst.

Nachdem ich den noch nassen Filmstreifen aus der Spule befreit hatte, waren noch ganz leichte unkle Schlieren auf der Trägerseite des Films zu sehen. Sie ließen sich sehr einfach mit einem Stück Küchenpapier entfernen, welches anschließend so aussah:

rem-jet-Reste von der Filmrückseite auf dem Küchenpapier
 Des Weiteren fanden sich auch auf der Entwicklungsspule kleine Mengen rem-jet:

rem-jet-Reste an der Entwicklungsspule
Alles in allem sind das in meinen Augen jedoch keine schlimmen Rückstände; sie ließen sich auch sehr leicht entfernen. Was man immer mal wieder in Foren o.Ä. liest, dass rem-jet-Partikel sich auf der Emulsion festsetzen würden, kann ich zum aktuellen Zeitpunkt absolut nicht bestätigen. Möglicherweise tritt dieses Phänomen aber auch erst dann auf, wenn mehrere Windungen eines kompletten 36er-Films eng nebeneinander auf der Spule sind. Ggf. werde ich natürlich berichten.

Im nächsten Schritt werde ich die Entwicklungszeit verlängern, um herauszufinden, ob ich dadurch noch ein kleines bisschen mehr Struktur in den dunklen Bereichen erzielen kann. Ich glaube es eher weniger, aber versuche werde ich es. Dem aktuellen Stand zufolge hätte der Film für schön durchzeichnete Negative nur eine Empfindlichkeit von 125 ASA. Andererseits ist der Kontrastumfang der Szene schon wirklich sehr hoch und es ist fraglich, ob das digital weichgeklopfte Negativ EV+2 in einer optischen Vergrößerung auch tatsächlich noch auf Papier mittlerer Gradation gebracht werden könnte. Aber dazu später evtl. mehr, falls ich dazu komme. Des Weiteren ist nicht klar, ob man die Nennempfindlichkeit eines Farbnegativfilms bei Schwarzweiß-Entwicklung überhaupt 1:1 übernehmen kann oder ob man dabei Empfindlichkeit verliert.

Davon abgesehen muss ich fairerweise ein paar Worte zu den Unterschieden in der Belichtung von Negativfilm und digitalen Sensoren verlieren. Beim digitalen Referenzbild habe ich mittenbetont die Belichtung gemessen und einfach abgedrückt. Das gezeigte JPG kam so aus der Kamera.

Idealerweise würde man eine solche Szene, um den Konstrastumfang voll auszuschöpfen, anders angehen. Zunächst sollte die Empfindlichkeit so niedrig wie möglich gewählt werden, weil hier der Sensor mehr Kontrast bewältigen kann. Vielleicht könnte man zumindest fairerweise 500 ASA einstellen, genau wie beim Filmmaterial. Des Weiteren würde man bei einem Bild mit hohem Kontrastumfang, das man später vielleicht mal ausdrucken oder sich an die Wand hängen möchte, eher auf die Lichter belichten. Das heißt, es wird (am besten per Spotmessung) die hellste Stelle der Szene ausgemessen, die gerade noch nicht ausgebrannt sein soll und gibt dann auf diesen Wert drei Blenden zu, wenn man annimmt, dass der Kamerasensor grob 7 Blendenstufen bewältigen kann. Ich werfe hier mal das Stichwort Zonensystem ein. Eine Alternative stellt die Trial-and-Error-Methode dar. Wir fotografieren die Szene so lange und geben bei jeder Aufnahme jeweils z.B. eine drittel Blende mehr Licht, bis das Histogramm gerade so noch keine Überläufe in den hellsten Bildbereichen bescheinigt. Ist die Aufnahme im Kasten, vorzugsweise im RAW-Format, können in der Bildbearbeitung am Computer anschließend die Schatten aufgehellt werden. Damit haben wir den Kontrastumfang der Szene so gestaucht, dass er doch noch "ins Bild passt". Gegebenenfalls sieht die gesamte Szene dann etwas flau aus. Einen Tod muss man in manchen Fällen eben sterben, das ist zum Glück aber nicht immer der Fall.

Beim Negativfilm würde man nun genau andersrum vorgehen: Nämlich die Schattenbereiche anmessen und so belichten, dass diese gerade so noch nicht absaufen. Für eine "normale" Belichtung geben wir also eigentlich zu viel Licht, aber durch den nichtlinearen Verlauf der Schwärzungskurve des Films kann dieser glücklicherweise sehr gut die Zeichnung in den Lichtern erhalten. Genau wie beim digitalen Bild müssen wir das "überbelichtete" Negativ nun durch angepasste Entwicklung wieder optimieren. Diesmal nur eben nicht am Rechner, sondern durch die chemische Entwicklung. Diese Thematik würde hier jetzt wesentlich zu weit führen. Sehr informativ zum Thema Kontrastbewältigung und damit auch zu angepasster Entwicklung ist meines Erachtens dieser Text von Wolfgang Mothes. Dort geht es um das zunächst nicht verwandt scheinende Thema "Nachtaufnahmen". Aber unbedingt lesen! Der Artikel ist äußerst interessant und natürlich auch wesentlich tiefschürfender (tiefer schürfend?) als meine kurzer Text hier.

Das alles ist wie aber weder mit der digitalen, noch mit den analogen Aufnahmen geschehen. Alles was ich getan habe, ist eine rudimentäre Vorgabe von Schwarz- und Weißpunkt beim Scannen der Negative. Sicher verfälscht das auch schon gewissermaßen das Ergebnis und erschwert die Vergleichbarkeit. Aber selbst wenn ich Rohdaten scannen könnte,  müssten die irgendwie interpretiert werden, um sichtbar gemacht zu werden. Außerdem ist das hier mein Amateur-Hobby-Blog und da geht  eine nicht 100%ig wissenschaftliche Arbeitsweise glaube ich in Ordnung.

Wenn ich vor diesem Hintergrund nun das ditigale Vergleichsbild mit den analogen Aufnahmen vergleiche, ist der Kontrastumfang digital nach Augenmaß ungefähr gleich dem im Negativ mit der Belichtungskorrektur EV-1. Unter dem Schreibtisch ist alles abgesoffen und auf dem Monitor ist am oberen Rand ein bisschen Zeichnung. Selbst in der "korrekt" belichteten Aufnahme mit EV+-0 findet sich am linken, senkrechten Teil des Schreibtischs im Schatten noch mehr Zeichnung als digital erfasst wurde. Aus diesem Blickwinkel heraus sind die 500 ASA des Films wohl tatsächlich erreichbar, wenn nicht sogar noch etwas mehr. Die im Gegensatz dazu oben von mir genannten 125 ASA sind eben genau äquivalent zu einer Belichtung auf die Schatten. Und vielleicht könnte man da mit noch etwas mehr Licht auch noch mehr Schattenzeichnung rausholen, ohne dass die Lichter ausfressen. Aber darum geht es in dieser Versuchsreihe ja überhaupt nicht. Korrekterweise müsste ich für die wirkliche Empfindlichkeitsbestimmung des Films wohl mal eine Belichtungsreihe mit Graukarte durchführen. Aktuelle empfinde ich diesen Gedanken allerdings als nicht extrem attraktiv, so dass das wohl in die Schublade "Mach ich irgendwann vielleicht mal" kommt. Wichtig ist ja, wie sich der Film später unter echten Fotografierbedingungen schlägt. Und dann wird sich bei normalen Motiven auch zeigen, ob bei einer Schwarzweiß-Entwicklung 500 ASA in Ordnung gehen. Später natürlich ebenso in C-41-Chemie.

Und jetzt noch ein paar abschließende Worte: Ich habe noch fünf Mehrwegpatronen mit dem Vision2-Material gefüllt und zwei davon bereits verschossen. Die werden wohl für die ersten Versuche mit meinem C-41-Kit herhalten müssen. Einer davon wurde wie 500 ASA belichtet, der andere wie 1600 ASA. Sinnvoll wäre es aber wohl, wenn ich meine ersten C-41-Versuche mit einem "regulären" Film durchführe. Wenn dann hinterher das Ergebnis nicht passt, weiß ich zumindest, dass ich schuld bin und nicht der Film.

Man darf jedenfalls gespannt sein und wie immer folgt die Information auf dem Fuß, wenn es was Neues gibt.